| Ort | Platz | Datum | Uhrzeit |
|---|---|---|---|
| Landsberg / Lech | Waitzinger Wiese | Sa./o2.o6.2oo1 | 19.oo Uhr |
Der Circus Barnet hat sich auf der großen, teils gekiesten und teils wiesenartigen Landsberger Festwiese sehr geschickt positioniert. Die Besucher können durch die zurückgezoge Plazierung bequem und kostenfrei direkt vor dem Zirkus parken. Auf gekiesten Flächen erreicht man die Kasse sauberen Fußes. Ein hoher Stahlzaun mit vielen individuellen Motiven schottet den Circus frontseitig ab, dahinter sind saubere Jumboauflieger drapiert. Die Circusfamilie wohnt in fein säuberlich aufgereihten, modernen Campings. Lediglich die betagten Sattelzugmaschinen haben schon einmal bessere Zeiten gesehen.
Das sauber aufgebaute 4-Masten-Chapiteau (=Zirkuszelt) strahlt schon von Weitem in frischen Farben, rot und gelb.
Der erste Eindruck überzeugt.
Leider wird das Publikum weder an der Kasse, noch am Zelteinlaß mit einer netten Geste des Willkommens empfangen. Im Gegenteil, kühl und sachlich, fast rauh ist der Ton.
Das Zeltdach ist Innen in beruhigenden Dunkelblau gehalten und mit dezenten, aufgespritzten Sternchen verziert. Die Illusion ist nahezu perfekt: Fast könnte man meinen, unter freiem Himmel zu sein.
Am Eingang stehen die vorgeschriebenen Feuerlöscher, jedoch ist der Notausgang nicht mit den vorgeschriebenen Notlicht gekennzeichnet - mit eventuell katastrophalen Folgen im Unglücksfall!!
Leider wurden keinerlei Anzeichen dazu unternommen, das Zelt trotz lausiger Kälte zu beheizen.
Die sturmstangenfreie Bauart der Rundkuppelzeltes läßt ein richtiges Raumgefühl aufkommen und sorgt für einwandfreie Sicht auf das Geschehen in der Manege.
Es wäre eine schöne Geste gewesen, das Publikum von den billigen Rängen in die Loge vor zu bitten. Dies wäre der Stimmung absolut zuträglich gewesen.
Das Programm wird durchaus mystisch eröffnet: Im kühlen, blauen Licht und viel Diskonebel tragen bis zu drei halfterlose Pintos ihre kleinen Rangeleien aus.
Überhaupt wird das Programm von den Pferdenummern dominiert, nicht ohne Grund: Renaldi Lauenburger (im Hintergrund prima und dezent assistiert von Wolfgang Lauenburger) ist nahezu ein Pferdeflüsterer, so ruhig und spielerisch wie er seine Pferde und Pony dirigiert - ein Traum.
Auch die gemischte Ziegen- und Hundenummer hat teilweise noch nirgendwo sonst gesehene Figuren im Repertoire und wird großteils mit spielerischer Leichtigkeit vorgeführt.
Ganz und gar nicht behaupten kann man dies von der Esel-Nummer. Die 4 Indischen Riesenesel arbeiten nur sehr unwillig und mit eingezogenem Schwanz. Zum Schutz vor dem übermäßigen Peitscheneinsatz verschanzen sich die klugen Tiere teilweise hinter den orientalischen Nummerngirls - quasi als menschliches Schutzschild.
Gar nicht gefallen haben mir die beiden Clownnummern ("Spielen Verboten" und "Boxnummer"), vorgetragen von den beiden männlichen Sprösslingen. "Gekonnt" wurde jeder Gag zunichte gemacht. Diese beiden Nummern gehören dringendst überarbeitet.
Einen ansatzweisen Angriff auf die Lachmuskel wurde mit einer komischen Bodenakrobatiknummer in schlichten, stilisierten Matrosenkostümen erreicht.
Der weibliche Nachwuchs ist auch in das Programm fest mit eingebunden, er offeriert die HullaHop-Nummer, das Vertikalseil und den Seiltanz. Dieser greift ebenfalls wieder auf Formen zurück, die ich bis dato nicht kannte: Eine dreieckig aufgespannte Seiltanzanlage, auf der die beiden Töchter des Hauses gleichzeitig ihre Einlagen absolvierten. Die Dreiecksform gewährt dem Publikum wesentlich bessere Perspektiven als die herkömmliche Eindraht-Version.
Durch das Programm führt in gekonnter Manier Frau Lauenburger. Doch im zweiten Teil war sie plötzlich verschwunden, so daß im Programmablauf und bei Renaldi leichte Verwirrung aufkam.
Die Musik kam vom Band und war stimmig zur jeweiligen Nummer ausgewählt. Die Tonanlage wirkte jedoch oftmals ausgereizt und die Übergänge sehr hart. Dies kam auch bei der Lichttechnik so rüber. Sanftes Ein- oder Ausblenden eines Lichtes? Fehlanzeige! Knallhartes An/Aus war angesagt.
Auch die Kostüme sind eher schlicht, gar lieblos ausgewählt. In schwarzen Jeans, schwarzen T-Shirt und schwarzen Schuhen präsentierte Renaldi Lauenburger zumeist das Programm. Auch die marokkanischen Hilfkräfte versahen so ihren Manegendienst. Lediglich die jungen Damen des Hauses präsentierten in stimmigen Kostümen ihre Nummern.
Nach gut 1 Stunde und 40 Minuten (incl. 20 Minuten Pause) ist alles vorbei. Genauso nüchtern wie der Empfang war, genauso nüchtern wird das Publikum mit einem kurzen Finale verabschiedet.
Das im Tierzelt gelagerte Futter (Heu) ist von sehr guter Qualität. Auch die Halfter und das Zaumzeug sind schön anzusehen und TipTop in Schuss.
Die Hunde werden in drei mit reichlich Heu ausstaffierten Gattern halten. Ein Unterstand und etwas Spielzeug wäre hier wünschenswert gewesen.
Wenn die Familie Lauenburger im Umgang mit dem Publikum genauso ein Händchen hätte, wer sie es im Umgang mit den Pferden an den Tag legt, so wäre es wohl ein nahezu vollkommener Circusabend geworden.
Wer sich selbst einmal ein Bild von Circus Barnet machen will, der erfährt die aktuellen Termine von der aktuell gehaltenen Homepage.
Euer Circusfan
Ralf